Bericht aus der "Zeit" Oktober 2009

VW-Bus-Jubiläum

Die Kante wird 30

 

Er war der letzte VW-Bus mit Heckmotor und gehört heute immer noch zum Standard-Inventar auf jedem Open-Air-Festival. 1979 stellte VW den Bulli "T3" vor.

 

Von Kai Kolwitz

 

Mit Volldampf zum Klassiker: Die ersten Exemplare des VW Bus T3 sind schon alt genug fürs Oldtimer-Kennzeichen

Ob Campingplatz, Flohmarkt oder Baustelle: VW-Busse und -Transporter der eckigen Baureihe aus den Achtzigern gehören auch im Jahr 2009 noch ganz normal dazu. Meist etwas verbeult, mit stumpfem Lack und anderen Spuren der Jahre. Die Autos sind Arbeitspferde, deren kantige Kastenform auch im Neuzustand nur bei wenigen Emotionen hervorief.

 

Oder sagen wir besser „positive Emotionen“. Denn als VW im Jahr 1979 die neue Baureihe des VW Bus vorstellte, intern „T3“ genannt, da war die Öffentlichkeit einigermaßen entgeistert. Vor allem deshalb, weil der Hersteller auch dem jüngsten Spross den Motor wieder ins Heck gepflanzt hatte. Und damit genau dahin, wo er bei einem Fahrzeug für den Lastentransport am meisten im Weg war: Ein Buckel, der für eine hohe Ladekante und eine Stufe in der Ladefläche sorgte, genau da, wo man gern lange Holzlatten von hinten durch den Wagen geschoben oder Viersitzer-Sofas ohne Verrenkungen ins Auto manövriert hätte.

 

Älteren VW-Bussen hatte man das ja noch verziehen. Der Wagen stammte nun einmal vom Käfer ab und auch der trug den Motor im Heck. Aber als der T3 präsentiert wurde, hatte VW die sonstige Produktpalette längst auf Autos mit Frontmotor umgestellt. Und auch die Konkurrenz, allen voran der Ford Transit, trug den Motor da, wo er Ladung und Passagieren nicht im Weg war.

Nicht gerade größer wurde die Begeisterung dadurch, dass der T3 zum Marktstart nur mit den Motoren des Vorgängermodells angeboten wurde. Das waren zwei luftgekühlte, durstige Benziner mit 50 und 70 PS, die im Sommer auf der Autobahn gerne mal den Hitzetod starben. Einen Diesel, der eigentlich schon 1979 überfällig gewesen wäre, bot VW erst zwei Jahre später an. Und der, der kam, war der gleiche, der schon den viel leichteren Golf nicht gerade zum Rennwagen machte. Einen voll beladenen VW-Bus versetzte der Diesel mit seinen 50 PS in eine Art von Bewegung, die nur knapp oberhalb des Kontinentaldrifts lag. Nur lauter war sie.

Aber vielleicht war es ja genau diese Art von Fortbewegung, die dem eckigen Achtziger-Jahre-Modell die ersten Liebhaber einbrachte. Es ließ sich schon romantisieren, wenn man sich mit einem solchen Modell nachts durch die Kasseler Berge gequält hatte, einsam am Steuer, während der Rest der Besatzung sich selbst vom gequälten Brüllen des Motors nicht stören ließ. Und man brauchte Nerven, um mit einem Diesel-Bulli den Wechsel auf die linke Spur zu wagen, wenn der LKW vor einem noch ein bisschen langsamer war als man selbst. Übrigens: Ob Diesel oder Boxer, laut waren sie beide, wenn ihre komplette Leistung abgerufen wurde. Und das Gaspedal voll durchtreten, das musste man bei frühen T3-Bullis ziemlich oft.

 

Wer wollte, der konnte seinen T3-Bus bis zum Ende der Produktion Anfang der Neunziger Jahre so spartanisch bekommen. Allerdings entwickelte das Arbeitstier parallel dazu ganz langsam noch eine zweite Persönlichkeit: Inspiriert vom Boom der amerikanischen Luxusvans und den ersten Großraumlimousinen à la Renault Espace entwickelte VW für den Bus zum ersten Mal in großem Stil Ausstattungslinien, die den Wagen mehr in Richtung PKW rücken sollten: Bus-Varianten wie Caravelle, Multivan, Blue, Red oder White Star boten bequemere Sitze, weniger nacktes Blech, selbst Extras wie elektrische Außenspiegel oder beleuchtete Schminkspiegel waren auf einmal für den Bus erhältlich. Der Multivan hatte als besonderes Feature serienmäßig eine Rückbank, die sich in ein Bett verwandeln ließ – unter Zuhilfenahme der Motorabdeckung, die in diesem Fall ausgesprochen praktisch war.

Und damit der Bus nicht nur nach PKW aussah, sondern auch so beschleunigte, nahm VW parallel dazu Motoren mit mehr Leistung ins Angebot auf. Mit bis zu 112 PS ließ sich der Bulli trotz seines schlechten Luftwiderstandswerts einigermaßen zügig bewegen. Und selbst einen Sechszylinder mit mehr als drei Liter Hubraum und mehr als 150 PS entwickelte VW bis zur Serienreife. Das Werk selbst bekam allerdings Angst vor der eigenen Courage. Man reichte die Pläne an den Tuner Oettinger weiter, der die Motoren in eigener Regie in VW-Busse einbaute. Wer heute ein Exemplar findet, das mit einem der Sechszylinder ausgerüstet ist, hat eine der großen Raritäten im Bus-Universum aufgestöbert.

 

Rund um den T3-Bus haben sich heute gleich mehrere Fan-Szenen gebildet: Tempo-Freaks rüsten die Autos mit Audi-, Ford- oder Porsche-Motoren aus, auch für moderne TDI-Diesel gibt es Umbausätze. Wohnmobilisten suchen nach originalen Teilen des Reisemobil-Spezialisten Westfalia oder gleich nach Komplettumbauten und den VW-Wohnmobilen California oder Atlantic. Gelände-Freaks statten Allrad-VW-Busse mit mehr Bodenfreiheit, größeren Rädern und leidensfähigeren Fahrwerken aus.

Und auch Autodiebe gehören heute noch zu den ganz großen Fans der Achtziger-Jahre-Baureihe. Gern gestohlen werden vor allem die gut ausgestatteten Sondermodelle, White Star, Blue Star oder die Limited Last Edition, die VW zum Produktionsende des T3-Busses anbot und die heute ebenfalls sehr gesucht ist. 1,3 Millionen Exemplare wurden übrigens gebaut, die letzten mit Rechtslenkung in Südafrika, wo die Produktion noch bis 2005 weiterlief.

Die kantige Form des Bullis wurde da schon eher als klassisch-zeitlos als als rein pragmatisch wahrgenommen. Und für gut erhaltene und gut ausgestattete T3-Busse steigen seit Jahren die Preise. Wer nur ein Exemplar zum Arbeiten braucht, wird noch für einige hundert Euro fündig, für Edel-Bullis lassen sich aber schon fünfstellige Beträge erzielen. Allerdings bekommen Diesel-Bullis zunehmend Probleme mit der Einfahrt in Umweltzonen: Sie erhalten bestenfalls eine gelbe Plakette, schon bald könnte das nicht mehr reichen.

Und die Sache mit dem Heckmotor? Die kann man heute sogar als Markenzeichen ansehen: Der T3 war der letzte Bus, der den Motor da trug, wo er von Anfang an gewesen war. Und nicht da, wo er am besten hinpasste.

Auf Kante gebaut: 1979 löste der eckige VW-Bus mit der internen Typenbezeichnung "T3" seinen rundlichen Vorgänger ab. Der alte startete zur zweiten Karriere als Hippie-Mobil auf dem Weg nach Indien. Beim "T3" denkt man eher an Open-Air-Festival oder Pfadfinderlager

Als Transporter mit Doppelkabine (kurz "DoKa") machte der T3 Baufirmen mobil. Hinten wurde Material aufgeladen, vorne fanden die Maurer Platz

Den Transporter mit Hochdach liebte nicht zuletzt die Deutsche Bundespost. Gelb lackiert und mit Posthorn auf der Seite war der Bulli der Arbeitsplatz der Paketzusteller der Achtziger

Kritisiert wurde am T3-VW-Bus allerdings oft der Motor im Heck. Der sorgte dafür, dass Lasten im Heck erst über den Motor gehoben werden mussten. Auch eine ebene Ladefläche machte der Motorraum unmöglich

Gelobt wurde am T3-Bus, dass der Fahrerplatz mehr nach PKW aussah als der des Vorgängermodells. Aus heutiger Sicht wirkt er allerdings nicht direkt heimelig

Aber im Lauf der Jahre trimmte VW den Bus immer mehr auf Luxus. Mit Doppelscheinwerfern und Leichtmetallfelgen wirkte er edler und bulliger

Die Schlafbank war das charakteristische Merkmal des Modells Multivan. Und langsam hielt eine gewisse Behaglichkeit Einzug in die Busse

Auch motormäßig wurde der Bus Mitte der Achtziger zu einem ernsthafteren Reisewagen. 112 PS Leistung waren möglich, soviel, wie sie der erste Golf GTI hatte

Mit Allradantrieb namens "Synchro" wurde der VW Bus zum Kletterer. Gebaut wurden die Modelle vom Geländewagen-Spezialisten Steyr-Puch in Österreich

Außerdem begann die Ära der gut ausgestatteten Sondermodelle. Die Lifestyle-Doppelkabine "Tristar" mit Allradantrieb ist heute so gesucht wie kaum eine andere Variante der T3-Baureihe

Auch eigene Wohnmobile begann VW auf Bus-Basis zu bauen. Der "Atlantic" sollte Konkurrenten wie Westfalia Kunden streitig machen

Mit der top ausgestatteten "Limited Last Edition" endete die Heckmotorzeit für den VW Bus. Auch dieses Sondermodell ist heute extrem gesucht und wird teuer gehandelt

Auch wenn sein Design ursprünglich das eines Arbeitstiers war: Eine schlechte Figur macht ein aufgewerteter T3-Bus auch heute noch nicht

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